Liebesfreuden

Im Paradies

Im Licht der Tagessterne,

dort bei den sanften Hügeln

erwartest du mich.

Ich durchmesse die Luft

mit geflügelten Fersen.

An allen Kreuzen hast du

Zeichen für mich aufgestellt.


Schläfrigen Blicks

zwischen Halmen und Moos

rastet ein Löwe am Weg.

Im Schatten der Bäume

lege ich müde und furchtlos

mein Antlitz ins Fell

seiner Pranken.


Mich weckt der

Klang deiner Stimme.

Träumend sah ich dich warten.

Dein Blick war so sanft wie die

Strahlen der Sonne am Abend.

Am Horizont schimmern Hügel.

Es ist Zeit dass ich komme.


Der Löwe geht weiter mit mir.

Wir haben den gleichen Weg.

Wir trinken zusammen

das Wasser derselben Quelle.

Es schmeckt uns süß. Vor den Hügeln

legt er sich nieder und wartet.

Ich nicke ihm zu.


Endlich! Vom Abendlicht glüht

die Kette der Berge.

Dahinter steht freundlich der Mond.

Ich rufe nach dir.

Du breitest die Arme aus.

In versinke darin wie die Sonne

am glutroten Himmel.


Die Nacht bleibt hell und lau.

Geschliffenen Opalen gleich

schimmern die Linien meines Beckens

vor deinem Leibe.

Unten am Weg hat der Löwe

die Lider gesenkt.

Bernsteinfarben sein Auge.


Ich singe das Lied deines Jubels

Soll ich das Lied

singen,

das aus deinem Herzen dringt,

Liebster?

Soll ich dir singen

vom Sommerrausch

zwischen den tiefgrünen

Hecken, die mit

leuchtenden Blütenperlen

übersät sind,

von umwucherten

Rosenbänken,

vom sanft bunten, endlosen

Gleiten und Landen

der Schmetterlinge

auf den üppigen

Nektartränken duftender

Blütendolden?

Soll ich deinen Jubel

über unseren Liebesgarten

auf den blauen Abendhimmel

über uns schreiben

mit Kondensstreifen

aus Millionen weißer Blütenblätter?

Soll ich den weichen, hellen

Wind einfangen

und damit die Nachtluft

fortblasen,

bis die Sonne wieder

über unserem Garten den

Tag ausruft?


Wenn die Farben verblassen,

ist es auch in unserem Garten

grau.

Und höchstens der Mond

bescheint die geheimnisvolle

Bank, auf der wir uns noch lange

in den Armen halten und wärmen.

Aber ein leises, entzücktes Summen,

dein Jubel, liegt noch immer

über der Stille der Nacht.

Und singt auch in mir.


Goldwäscherei

Durch die weit geöffneten Fenster

dringt Stunde um Stunde

das silbergraue Rauschen des großen Regens.

Wenn ich die Augen öffne,

blicke ich in ein

wandgroßes Viereck

verhangenen Himmels.

Nichts als weiche, warme Wolkenballen

hinter Birkenschleiern.


Wir halten uns umschlungen

und lauschen den Berührungen

unserer Seelen und unserer Leiber,

tasten vorsichtig Grenzen ab,

staunen, wie Übergänge

vor unserem Blick in einander fließen und

sehen lächelnd zu, wo das Wasser

an Felskanten überläuft

auf neues Land.


Während um das Haus langsam

und still die Flut steigt,

lassen wir auf unserer Arche

die Träume wie ungewaschenen

Sand prüfend

durch die Finger gleiten.

Ich sammle meine Goldkörner

in der Kuhle

unter deinem Schlüsselbein.


Abendlied

Der Tau des Morgens und die Kraft der Mittagssonne sind bereits vorüber.

Es wurde Abend schon, als ich dich endlich fand.

Ich zähle froh und voller Glück die uns verbliebnen Stunden

wie schwere, goldne Münzen dir in deine Hand.


Ich kann dir nur noch diese leicht gewelkte Rose schenken -

jedoch sie duftet noch. Oh küsse Blatt für Blatt!

Im Herbst birgt sie als Frucht all unsre Träume,

die alten und auch die, die heute jeder von uns hat.


Und schau, die Sonne scheint uns noch:

dein Blut ist rot und warm.

Oh küsse meine Augen, trinke meine Seele,

bewohne voller Wollust meine Haut!


Wir bleiben Hand in Hand, bis alle Nachtigallen schlagen,

bis uns der Mond sein altes Lied

vom Wachsen und Vergehen anvertraut.

Wir bleiben auch, wenn alle Himmelssterne

die tiefe Nacht mit Silberreif beschlagen

Und länger noch,

bis dann der nächste Morgen graut.


Herbstliebe

Was dort in lichten Flammen steht,

das ist kein Blütenfrühlingstraum.

Die himmelweite, purpurfarbne Glut

hat unerwartet früh der erste Frost entfacht,

als noch die letzen Sommerblumen

ihre Lieder summten.


Der Himmel schickt nicht Blütenschnee

zur Feier unsres Liebesfestes.

Er wirbelt lieber übermütig

das bunte Herbstkonfetti durch die Luft.

Und seine späte Sonne scheint so unbeirrt,

als könne sie uns ewig wärmen.


Bei deinen grauen Schläfen, sag:

War je dein Herz so jung? Schlug je dein Herz so laut?

Und warst du, Liebster, jemals so lebendig?

Oh, deine weichen Küsse schmecken unersättlich,

Ich greife zärtlich in dein festes Fleisch.

Wie heißer Samt umschlingt mich deine Haut.


Oh, lass mich dich in meinen Armen wiegen,

auch dann noch, wenn das Fest schon längst verklungen ist,

wenn alle Blätter auf dem nassen Boden liegen

und ihren Feuerglanz verloren haben,

und wenn der Himmel durch die kahlen Äste

auf die Erde fällt.