Was ist Kunst?
Eine alte Frage.
Kunst gab es schon immer, solange es Menschen gab.
Sie spielte auch schon in den ersten Höhlenmalereien gesellschaftlich gesehen die Rolle einer Art zweiter, überhöhter Realität. Sie ist zu begreifen als Spiegel, bei dem man durch die Oberfläche hindurchschauen kann.
Sie wird geboren aus der Wirklichkeit, aber von ausdrucksfähigen, stark empfindenden Menschen auf eine andere, ästhetische Erlebnisebene gestellt:
Sie geht auf Distanz zu dem, was wir konkret erleben können, ist aber gleichzeitig verdichtete Wirklichkeit, im Fokus zusammengefasste und generalisierte Erfahrung, vermittelt und ausgedrückt in der Sprache der Ästhetik.
Das heißt, sie ist immer auf materielle Kommunikationsträger gebunden, an Töne, Rhythmen, Zeichen, Farben, Licht, Sprache, Bewegung, technische Medien…
Grundsätzlich ist man sich aber nicht einig, was wirklich Kunst ist und welche Regeln sie einzuhalten hat, um Kunst zu sein. Und was ist Kitsch? Ich würde sagen, ein Kunstversuch, der aber die Wirklichkeit verlogen und verzerrt, gehübscht oder vereinfacht darstellt.
Aber ist da nicht auch noch die Massenrezeption z.B. der Pop Musik? Haben die Beatles etwa keine Kunst gemacht? Und was ist mit Weltmusik, mit Folklore …?
Und die Groschenhefte, Arztromane oder Kitschfilme, was ist das? Die Kunst für die kleinen Leute?
Ist Kunst und Kitsch so etwas wie ein Klassenphänomen, oder lassen sich anhand ihrer unterschiedlichen Rezeption zumindest soziale Schichten unterscheiden? Und wenn das so ist, gilt das für jede Gesellschaft oder ist das nur ein Merkmal unserer gegenwärtigen kapitalistischen und neoliberalen Welt?
Ein wichtiges Moment ist die Tatsache, dass Kunst bewusst oder auch ungewollt Aussagen macht zur vorgefundenen Realität. Sie ist affirmativ oder kritisch, sie vertritt das jeweilige Menschenbild oder sie entwickelt ein anderes. Wobei Kitsch in der Regel affirmativ ist.
Aber grundsätzlich steht Kunst nicht außerhalb ihrer Zeit. Bei all ihrer Fähigkeit, die Gegenwart und den aktuellen Zeitgeist transparent, ihn durchschaubar zu machen, ihn infrage zu stellen – sie bleibt immer auch ein Kind ihrer Zeit.
So ist es unhistorisch und letztlich albern, z.B. heute dem Goethe seiner Epoche Aussagen zu Juden vorzuwerfen, die aus heutiger Sicht problematisch sind. Genauso kam Bach nicht und nie aus dem Denk-System der christlichen Welt heraus, es gab nichts anderes für ihn. Und so müssen wir heute, wenn wir seine Musik lieben, auch wenn wir diesen Glauben nicht teilen, eben das Neue Testament mitschlucken.